Kitas geraten finanziell und personell unter Druck

Die Meldung sorgte kurz bei allen Trägern von Kindertageseinrichtungen für Erleichterung: die Landesregierung wird das erfolgreiche Kita-Helfer-Programm noch bis mindestens zum Jahresende fortsetzen. Doch wie die Umsetzung aussieht, stößt bei vielen auf Unverständnis und verursacht Probleme.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Programms entlasten das pädagogische Personal bei Aufgaben des Alltags und sind für die Kitas eine große Hilfe. Das Problem: Es fehlt Planungssicherheit.
Die aktuelle Landesregierung arbeite daran, das Programm zu verstetigen, teilt das Familienministerium mit. Eine Fortführung ab 2024 wäre aber vom Haushalt abhängig. Die Kurzfristigkeit scheint leider normal zu sein: Die Zusage für die Weiterführung des Programms ab August dieses Jahres kam erst zu Beginn der Sommerferien.
„Das ist gut gemeint, aber fachlich schlecht gemacht. Tatsächlich ist es fast unmöglich zum 1. August neue Mitarbeitende einzustellen aufgrund der Richtlinien“, sagt Sven Borgsen, stellv. Geschäftsführer des Trägerverbunds für Kindertageseinrichtungen im Kirchenkreis Halle.
Gefördert werden zwar Personalausgaben für zusätzliche Hilfskräfte– aber nur unter kurzfristig kaum einzuhaltenden Bedingungen.
Wenn ab dem 1.08.2023 neues Personal eingestellt werden soll, kann die Einstellung erst erfolgen, wenn der Bewilligungsbescheid vorliegt bzw. eine Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn erteilt wurde. Innerhalb der nächsten Wochen müssen also die Genehmigungen beantragt, die Stellen ausgeschrieben, Bewerbungsgespräche geführt und Verträge unterschrieben werden. „Inzwischen wurde auch wegen Nachfragen unsererseits nachjustiert. Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendamt liegen uns nun auch schon die Genehmigungen vor, so dass wir mit dem Einstellen beginnen können. Aber die nötigen Maßnahmen vom Ausstellen der Arbeitsverträge bis zu den Mittelnachweisen in dieser Kurzfristigkeit verursachen eine Unmenge an Bürokratie und binden bei uns viel Arbeitskraft“, sagt Marlene Ens, Geschäftsführerin des Kita-Trägerverbands des Kirchenkreises Halle. Zudem sollte vor Einstellung noch ein erweitertes Führungszeugnis vorliegen für neue Mitarbeitende, dass auch bis zu zwei Wochen braucht, bis es von der zuständigen Behörde ausgestellt wird. „Da kam aber am 13. Juli die Info, dass man von dieser Regel absieht. Es wird nachgebessert – aber immer nur im Nachhinein und das in der Sommerferienzeit wo viele unserer Mitarbeitenden im Urlaub sind“, berichtet Sven Borgsen.
Eingestellt werden können die neuen Kita-Helfer aber nur befristet bis zum 31.12. – weil man darüber hinaus nicht planen kann. „Erst müssen wir die Bewerber hinhalten und können ihnen keine verlässlichen Zusagen geben, dann können wir ihnen keine Perspektive für die Zukunft bieten – wie sollen wir unter solchen Voraussetzungen in Zeiten des Fachkräftemangels geeignete Bewerber finden und halten?“, fragt sich nicht nur Marlene Ens.
Als wären das nicht genug Hürden, wurde auch noch eine finanzielle eingebaut: Der Fördersatz beträgt maximal 90 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben. Der Träger hat somit einen Eigenanteil zu erbringen. Dieser kann, wie nun hinterher bekannt wurde, nicht aus KiBiz-Mitteln (KinderBildungsGesetz) genommen werden. Im Haushalt der Träger sind diese 10 Prozent zusätzliche Kosten nicht berücksichtigt worden, da sie bei der Verabschiedung der Haushalte noch nicht bekannt waren. Und in einem Jahr, in dem die verdienten Tariferhöhungen ohnehin das Budget strapazieren, bedeutet jeder Mitarbeitende aus dem Kita-Helfer-Programm, den man eigentlich dringend braucht, eine zusätzliche finanzielle Belastung. „Woher soll dieses Geld kommen? Als freier Träger finanzieren wir unsere Kitas komplett aus dem KiBiz. Und warum sollte ein Träger Mittel aufbringen für ein Angebot, dass der Staat vorhalten muss?“, kritisiert Marlene Ens.
Auch bei den Kinderpflegern gibt es ähnliche Probleme. Denn auch die Projektförderung des Landes für Praxisintegrierte Auszubildende (PIA) ist gekürzt worden. Die Förderung betrug in den Jahren 2022 bis 2024 32.600€ pro Auszubildenden, von 2023 bis 2025 werden laut Antrag aktuell nur 11.900€ pro Auszubildenden gefördert – die Differenz muss erneut aus dem Haushalt der Träger kommen. „Wir würden uns mehr Unterstützung wünschen. Verlässliche Zusagen und verlässliche Bedingungen, um unsere Risiken kalkulieren zu können“, sagt Sven Borgsen. „Wir haben als Träger 22 Kitas und rund 400 Mitarbeitende – da kann man sich ausrechen, was die Einschränkungen bei den Förderungen zusammen mit den Tariferhöhungen für uns bedeuten. Und gerade am Fachpersonal können und wollen wir nicht sparen, um die Qualität der Arbeit in unseren Einrichtungen hochzuhalten“